Die Skisaison ist in voller Fahrt, die Winterwonderland-Pistenzauber-Broschüren werben notorisch damit, dass Carving- und Rockerski kürzer und taillierter sind und sich so Kurven leichter fahren lassen. Dabei wissen das selbst Menschen aus dem Nordostmecklenburgischen Flachland längst. Und wir Kerle lachen dabei sowieso aus tiefster Kehle.
Kurven? Wer braucht schon Kurven? Skifahren für Männer!
Wir jedenfalls nicht. Wir kennen nur einen Fahrstil beim Skifahren: Knie beugen, den Allerwertesten wie einen Düsenantrieb nach hinten strecken, den Rücken bierbankgerade, den Kopf voller Testosteronkraft voraus: Schuss fahren oder auf der Hütte Jagertee mit Schuss oder Bier trinken, dazwischen gibt´s für uns nix!
Wir sind Effektivitätsmenschen. Immer den direkten und schnellsten Weg suchen. Deshalb lieben wir auch High-Speed-Internet, Tinder, Fast Food und Quickies. Kurven fahren, kann man hingegen mit einem Vorspiel vergleichen – unnötig. Außerdem lieben wir Geschwindigkeit. Sie gehört neben „Kraft“ zu unserer bevorzugten physikalischen Größe. Denn sie verspricht uns einen ordentlichen Kick. Uns unser – sonst im Routine-Koma dahindümpelndes Leben- lechzt nach Action, weitab von winterlichen Pauschalsportarten wie Rodeln, gähn, Eisstockschießen, obergähn, und Langlaufen, doppelherz, äh, gähl. Wenn wir also als menschgewordene Rakete den Berg hinunterschießen, der Fahrtwind unser Gesicht zehn Jahre jünger strafft und auch noch unser Zahnfleisch freilegt, sind wir voll bei uns und dem, was wir tun. Vergessen sind die penetrante Chefin, ungeöffnete Zahlungsbescheide oder die Ex, die eiskalt mit dem besten Freund anbandelt. Wir sind Stattdessen voll im Moment, sind Sebastian Vettel, Bode Miller und Superman in Personalunion.
Oder vielleicht doch ein Hosenscheißer?
Indem wir immer wieder unsere Grenzen ausloten, versuchen wir, genau das herauszufinden. Klar ist das Verletzungsrisiko beim Vollgas-Abfahrtslauf höher als bei jeder anderen alpinen Disziplin.
Kurz: Es ist Gefahr im Verzug. Oder besser: im Skianzug. Und vielleicht würden wir uns gerne drücken, aber da gibt es diese innere Stimme, die uns – kaum aus dem Lift gestiegen – anbrüllt wie der Drill Sergeant aus „Full Metal Jacket“: „in die Knie! Uns Schuss! Sofort!“ Wir hauen rein, challenge accepted. Kommen wir dann unten mit krankenhausreifem Herzrasen und schwerer Muskelübersäuerung zum Stehen, sind wir mehr als glücklich. Wir haben überlebt. Jetzt eine Jagertee oder ein erfrischendes Bier vom Fass…
© aus dem CSA Team, Obertauern, 24.02.2016